Donnerstag, 27. September 2012

Das 10. Semester

Das letzte Semester meines Studiums stand ganz im Zeichen meiner Masterarbeit. Auch wenn ich nicht - wie es in anderen Studiengängen der Fall ist - unbedingt auf Bücher angewiesen war, arbeitete ich vorrangig in Bibliotheken. Dort hatte ich meine Ruhe und war umgeben von Gleichgesinnten. Montags und freitags hielt ich mich meist in der Bibliothek der Wirtschaftsinformatik und im Physikgebäude auf, dienstags und donnerstags in der Zentralbibliothek, und mittwochs in der Geo-Bibliothek. Zwischendurch hatte ich mehrere Treffen mit meinen beiden Prüfern am Institut für Geoinformatik und mit meinen beiden Betreuern bei 52°North.

Im April schrieb ich eine vorläufige Einleitung und die Grundlagenkapitel. Die Analyse und konzeptionellen Kapitel folgten im Mai und im Juni. Von Mitte Juni bis Ende August programmierte ich dann eine prototypische Webapplikation, die den praktischen Teil meiner Arbeit darstellte. Zwischendurch hatte ich meine mündliche Masterarbeitsverteidigung und eine Präsentation über mein Externes Semester. In den letzten beiden Augustwochen führte ich noch eine Benutzerumfrage durch, um die entwickelte Applikation zu testen. Das Fazit und den Ausblick verfasste ich im September. Abgegeben habe ich die Arbeit schließlich am 27. September.

Gewohnt habe ich während dieser Zeit in einem Studentenwohnheim an der Steinfurter Straße. Mein ehemaliges Wohnheim an der Boeselagerstraße wurde leider abgerissen, daher musste ich in dieses ausweichen. Zwar lag das neue Wohnheim näher an der Innenstadt, dafür befand es sich an einer ziemlich lauten Kreuzung. Wie schon in Zürich und Wien teilte ich mir Küche und Bad mit mehreren Mitbewohnern. Es gab 16 Leute auf dem Flur, von denen viele während des Semesters wechselten. Mit einigen hatte ich mehr, mit anderen hingegen weniger bis keinen Kontakt. In den ersten beiden Wochen nach meiner Ankunft richtete ich mir mein Zimmer so gut es ging ein und besorgte mir fehlende Einrichtungsgegenstände, wie Bettzeug, Wäscheständer und Geschirrtücher. Einen Internetanschluss bekam ich erst in der vierten Woche. Anders als bei vorherigen Anbietern hatte ich während der gesamten Zeit allerdings keinen einzigen Ausfall zu beklagen.

Zu Ostern kamen mich meine Eltern und mein Bruder besuchen. Sie brachten mir noch ein paar Sachen nach, die ich alleine nicht transportieren habe können. Am Ostersonntag fuhren wir zum Schloss Darfeld, wo wir bei schönem Wetter eine 12km lange Wanderung unternahmen. Ostermontag war das Wetter bescheidener. Dennoch besichtigten wir den Nationalpark Hohe Mark, Haltern am See und das Schloss Nordkirchen. Anderthalb Wochen später stand mein Geburtstag an. Ich feierte mit sieben Gästen in meinem Wohnheim und servierte ihnen Schweizer Spezialitäten (u.a. Rivella). Den späteren Abend ließen einer der Gäste und ich in einem Münsteraner Club ausklingen.

Ende April fand die traditionelle Geoparty im Triptychon statt, an der ich nun zum dritten Mal teilnahm. Zum Vorglühen trafen ich mich mit einem Kommilitonen aus dem nachfolgenden Jahrgang bei einer anderen Kommilitonin. Auf der Party selbst waren jedoch nicht mehr allzu viele bekannte Gesichter zu sehen. Daher war es nicht verwunderlich, dass sich an einem Abend Ende Mai ein weiteres Treffen mit einigen Kommilitonen aus meinem Semester ergab, wo wir uns in der Ziege und im Blauen Haus über den aktuellen Stand unserer Masterarbeiten austauschten.

Um einen freien Kopf zu bekommen, ging ich alle ein bis zwei Wochen joggen. Ich hatte mir zu Beginn des Semesters neue Laufschuhe gekauft, da die alten bestimmt schon zehn Jahre auf den Sohlen hatten. Mit den neuen Schuhen gelang es mir, erstmalig die 10km Marke zu knacken. Hiervon motiviert, entschied ich mich im Juni am Leonardo-Campus-Run teilzunehmen. Ein Übungspartner aus dem ersten Semester, mit dem ich immer noch befreundet war und mit dem ich ab und zu joggen ging, hatte mich auf dieses Event hingewiesen. Ich meldete mich für eine Strecke von ebendiesen 10km an und absolvierte sie in einer Zeit von 56 Minuten. Damit lag ich zwar noch weit von den schnellsten Läufern entfernt, aber der Run mit allem Drumherum war in jedem Fall eine Erfahrung wert gewesen. Ebenfalls im Juni fand die Fußball-Europameisterschaft statt. Die Vorrundenspiele verfolgte ich per Public Viewing im Viva Sportscafé, in meinem Studentenwohnheim und in der Mensa am Aasee. Die Finalspiele schaute ich mir in Ruhe auf meinem Zimmer an.

Die englische Masterstudentin aus Zürich, die immer noch in Hamburg arbeitete, kam mich auch im Juni besuchen. Wir besichtigten gemeinsam die Innenstadt, den Saal des Westfälischen Friedens, den Markt am Domplatz, den zufällig an dem Wochenende stattfindenden Send und den Botanischen Garten. Danach fuhren wir mit dem Rad, das ich vorab von einer Kommilitonin für sie besorgt hatte, zu den Rieselfeldern. Auf dem Weg dorthin machten wir einen kurzen Zwischenstopp in einer englischen Wohnsiedlung, von der es aufgrund der Besatzungszeit nach dem zweiten Weltkrieg gleich mehrere in Münster gab. Zurück fuhren wir entlang des Dortmund-Ems-Kanals zur Mensa am Aasee und von dort zum Bahnhof.

Ansonsten kam es während des Semesters noch zu einigen kleineren Begebenheiten: Den Abend am Tag nach meiner mündlichen Masterarbeitsverteidigung zelebrierte ich mit dem oben genannten Übungspartner in der Atelier-Bar. Ein Brettspiel- und zwei Rollenspielabende kamen mit meiner ehemaligen Truppe zustande. Da ich es nicht zu ihrem Geburtstag geschafft hatte, trank ich zur Wiedergutmachung mit einer Rollenspielerin an einem Sonntagnachmittag in der Roestbar Zwo einen Kaffee. Anfang September fuhr ich mit dem Rad zur Burg Hülshoff, jener Burg, wo die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff aufgewachsen war. Hier besichtigte ich den Park und das in der Burg befindliche Museum, welches Details zu dem Leben und dem Schaffen der Dichterin preisgab.

Das war im Großem und Ganzen alles, was in Münster während meines zehnten Studiensemesters geschah. Meine Kurztrips nach Düsseldorf, Amsterdam, Berlin, Darmstadt, Stralsund, Zürich und Kiew in dieser Zeit habe ich übersichtshalber in separate Blogposts ausgelagert.

Samstag, 15. September 2012

Konferenz in Kiew

Im Anschluss an mein Praktikum in der Schweiz hatte ich einen wissenschaftlichen Artikel geschrieben, in dem ich die Ergebnisse meiner dortigen Arbeit zusammenfasste. Für den Artikel verdiente ich mir nicht nur zwei Credit Points im Rahmen meines Studiums, sondern reichte ich ihn auch bei einer Konferenz in Kiew ein, deren Thema gut dazu passte. Im Gegensatz zu anderen Konferenzen gab es keine allzu strenge Qualitätsprüfung, sodass bald klar wurde, dass es für mich und meinen Projektleiter, der den Artikel mehrmals gegengelesen und verbessert hatte, nach Kiew ging.

Hinzu flog ich mit der Lufthansa vom Flughafen Düsseldorf. Auf dem Kiewer Flughafen Boryspil angekommen, wartete ich auf meinen Projektleiter, der zwei Stunden nach mir aus Zürich kam. Zufällig trafen wir auch einen tschechischen Professor, der ebenfalls an der Konferenz teilnahm. Wir teilten uns ein Taxi, welches uns in einen Kiewer Außenbezirk brachte. Von dort aus fuhren wir mit der U-Bahn in Richtung Innenstadt. Nach einer schier endlosen Rolltreppenfahrt gelangten wir wieder ans Tageslicht und liefen weiter zu unserem Hotel. Abends waren wir noch in einem Restaurant essen.

Am nächsten Tag begann die Konferenz. Da der Konferenzort aus einem uns nicht bekannten Grund verlegt worden war, mussten wir eine knappe halbe Stunde mit der gut ausgelasteten U-Bahn dorthin fahren. An der Konferenz nahmen ungefähr 40 Wissenschaftler teil, die nacheinander Vorträge hielten. Mein Projektleiter und ich waren am Nachmittag des ersten Tages an der Reihe. Da die meisten Teilnehmer vorrangig ukrainisch und russisch sprachen, übersetzte ein Dolmetscher die Präsentationen vom und ins Englische. Jetzt weiß ich ungefähr, wie sich es sich wohl anfühlen muss, als Politiker an einer UNO-Vollversammlung teilzunehmen.

Aber auch unsere kleine Konferenz trug einen Beitrag zur Völkerverständigung bei: Am Ende des ersten Tages fand ein Dinner statt, bei dem der ukrainische Konferenzleiter reihum die Teilnehmer aus anderen Nationen mit Ansprachen begrüßte und zu ein paar Worten ermunterte. Natürlich durfte ein Gläschen hochprozentigen Alkohol dazwischen nicht fehlen. Im Anschluss an diesen offiziellen Teil bot uns der Organisator der Konferenz an, das Stadtzentrum Kiews zu zeigen. Da mein Projektleiter und ich bisher noch nicht viel von Kiew gesehen hatten, nahmen wir die Einladung dankend an. Zwei weitere Teilnehmer aus Litauen und Moldawien begleiteten uns. Zunächst liefen wir die zentrale Straße Chreschtschatyk entlang, die mich stark an die Frankfurter Allee in Berlin erinnerte (nur ungefähr doppelt so groß). Am Majdan Nesaleschnosti, dem Platz der Unabhängkeit, bogen wir in eine Straße, die uns zur Sophienkathedrale führte. Von dort aus liefen wir zu der schön beleuchteten St.-Andreas-Kirche.

Am Freitag setzte sich die Konferenz in gleicher Weise fort. In den jeweiligen Pausen wurden wir mit typisch ukrainischen Gerichten und Süßigkeiten versorgt. Nach einer abschließenden Diskussion war die Konferenz dann kurz nach Mittag zu Ende. Danach stand eine weitere geführte Innenstadt-Tour auf dem Programm, diesmal von einer professionellen Stadtführerin. Da vorab noch ein bisschen Zeit blieb, gingen wir noch kurz in einem ukrainischen Supermarkt ein paar Souvenirs kaufen. Die Stadtführung ging vom Goldenen Tor über den Sophienplatz zum Alten Kiew, weiter zur   St.-Andreas-Kirche und letztendlich zum Michaelsplatz. Im Anschluss an die Tour gingen wir mit dem tschechischen Professor, einem Teilnehmer aus Australien und unserem Dolmetscher in ein ukrainisches Restaurant essen. Am nächsten Vormittag machte ich mich vielen neuen Eindrücken auf den Rückflug nach Dortmund.